Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie, Schmallenberg
kister scheithauer gross architekten und stadtplaner in Arbeitsgemeinschaft mit Meyer Architekten konnten bis 2023 die Bestandsgebäude des Fraunhofer-Instituts in Schmallenberg sanieren, ein neues Großlabor hinzufügen sowie eine neue Institutsmitte schaffen. Die baulichen Ergänzungen erfüllen komplexe Anforderungen der Labornutzung, sie wirken geradlinig und ruhig und schaffen einen optischen Zusammenhang zwischen den bestehenden Baukörpern.
Projektdaten:
Bauherr:
Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME, Schmallenberg
ARGE:
Meyer Architekten, Düsseldorf
Wettbewerbsverfahren:
VOF-Verfahren, 1. Platz
Entwurfsleitender Gesellschafter:
Prof. Johannes Kister
Projektteam:
Peter Kersting, Projektleitung
Dorothee Heidrich, Innenarchitektur
Eric Mertens, Geschäftsführer
Fotos:
Linus Reich
Der größte Standort des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME liegt in Schmallenberg im Hochsauerlandkreis etwas abseits in der entzerrten Stadt auf einer Bergkuppe. Das Areal besteht aus zahlreichen Einzelbauwerken aus unterschiedlichen Bauphasen und erhielt durch die Maßnahmen ein neues Zentrum und einen internen Zusammenhang.
Neubau bringt Ruhe und Zusammenhalt
Auf dem nördlichen Grundstück des Areals errichtete ksg nach dem Abriss eines nicht mehr nutzbaren Bauwerks ein neues Großlaborgebäude. Der Neubau fasst die drei Abteilungen Ökologische Chemie, Bioakkumulation & Tiermetabolismus und Ökotoxikologie zusammen und bietet Büro- und Laborbereiche. Erforscht werden hier das Risiko von Chemikalien und Partikeln für die Umwelt. Trotz der komplexen Anforderungen wirkt der monolithische Baukörper ruhig und geradlinig. Er ist in alle Richtungen differenziert abgestaffelt, um sich angemessen in die kleinteilige Gebäudestruktur des Bestandes zu integrieren. Errichtet ist das neue Labor als Massivbau mit Mineralwolle verfüllten Dämmziegeln. Ein weißer Besenstrichputz und kontrastierende dunkle Fensterbänder mit Prallscheiben prägen die Fassade und fügen das Bauwerk in die von weißen Fassaden geprägte bergische Umgebung ein.
Zurückhaltung in Form und Material
Der Innenraum ist anhand von drei versprungenen Raumsegmenten und zwei dazwischenliegenden Erschließungskernen organisiert. Die Gestaltung untermalt die Trennung von Strahlenschutzbereichen, die über Schleusen betreten werden, gegenüber den übrigen Bereichen. Strahlenschutzbereiche werden als „heiße“ Bereiche mit einem dunklen Rostrot-Orange gekennzeichnet, die übrigen „kalten“ Flächen mit einem sanften Blau-Grau. Zurückhaltend gestaltet sind die Decken aus Stahlbeton sowie die hellen Böden und die kontrastierend dunklen Türen, passend zur Fassadengestaltung. An den Schleusen und vertikalen Erschließungen bieten großformatige Zahlen in Kombination mit Farbverläufen aus alternierenden Streifen in Orange und Blau Orientierung.
Gegenüber den funktionalen Laborbereichen ist die Büroetage im obersten Stockwerk behaglicher gestaltet. Auf der Ebene wurde mit Trennwänden mit Echtholzoberflächen eine flexibel nutzbare Raumstruktur geschaffen. Im offenen Meetingbereich sowie in den Besprechungszonen wiederholt sich die Farbe Blau in der Einrichtung und an Wandflächen.
Erweiterungsbau für neue Institutsmitte
Zudem entstand ein neues Herzstück des Instituts zwischen zwei riegelförmigen Bestandsbauten. Ein eingeschossiger Neubau verbindet nun beide Bauwerke und fügt zentral gemeinschaftliche Nutzungen und institutsübergreifende Funktionen wie die Kantine mit Bibliothek und Terrasse sowie Seminarräume ein. Bei Bedarf kann eine große mobile Trennwand zwischen der Kantine und den Seminarflächen geöffnet werden. Ein Hebeladen verschließt geschickt die Ausgabe der Kantine und alle Möbel, inklusive der Bibliotheksregale mit Sitznischen und Arbeitsplätzen. Diese sind mit Rollen versehen und können verschoben werden, sodass ein großzügiger und multifunktionaler Raum für Veranstaltungen entsteht. Expressive Deckensegel verbinden alle haustechnischen Einbauten und sorgen für eine angenehme Akustik bei Veranstaltungen.
Mit der Außenterrasse als zentraler Treffpunkt für alle Mitarbeiter:innen öffnet sich der neue Gebäudeteil in Richtung Südwesten zum Gelände, das mit neuen Grünflächen und Wegen gestaltet ist. Ein freischwebender Betonträger fasst die Bestandsbaukörper zusammen und deutet eine Innenhofsituation an.
Neue Eingangssituation für den Bestand
Außerdem schufen ksg und Meyer einen neuen barrierefreien und repräsentativen Eingang am südlichen Bestandsbau der Institutsmitte. Eine markante Treppen- und Rampenanlage mit Vordach aus Sichtbeton markiert nun den Hauptzugang zur Institutsmitte. Von hier aus wird der einladende Empfangsbereich für Gäste und Mitarbeiter:innen mit Infotresen und Wartebereich betreten. Ein neuer gläserner Gang führt außerdem vom Eingangsbereich in das östliche Nachbargebäude. So wird der Neubau zum Zentrum, zum Bindeglied zwischen Alt und Neu und vernetzt die Gebäude mit kurzen Wegen.