Der Neubau eines Institutsgebäudes für Lehrkräftebildung an der Leibniz-Universität Hannover von kister scheithauer gross wurde im November 2023 fertiggestellt. Genutzt wird es gemeinsam von den Instituten Psychologie und Erziehungswissenschaft sowie von der Leibniz School of Education. In seiner Kubatur, Materialität und Nutzung vermittelt er zwischen der fein gegliederten Wohnbebauung und dem offenen Campus.
Projektdaten
Neubau Universitätsgebäude
Leibniz School of Education, Hannover
Bauherr: Land Niedersachen vertreten durch Leibniz Universität Hannover
Nutzer: Leibniz Universität Hannover (LUH)
Architekten: kister scheithauer gross architekten und stadtplaner
Prof. Johannes Kister (Entwurfsleitender Gesellschafter)
Bauzeit: 2020-2023
Team: Kathrin Winterhagen, Christian Bobsin, Julia Seidel
Fotos: Linus Reich
Das Grundstück mit der Adresse „Im Moore 11a“ liegt in Hannover an der Nahtstelle zwischen der Nordstadt, dem Welfengarten und der Universität. An dieser Schlüsselposition im Übergang von den Wohngebieten aus dem 19. Jahrhundert und dem Universitätscampus kommt dem Neubau eine Torfunktion zu, gleichzeitig fügt sich der Institutsneubau sensibel in sein städtebauliches Umfeld ein.
Skulpturale Eingliederung
Besondere Bedeutung für den Entwurf haben der angrenzende Platz und die Position des bestehenden Otto-Klüsener-Hauses, das bisher den Bruch und Übergang zum Campus verkörperte. Der Neubau von kister scheithauer gross schließt straßenseitig direkt an die Gründerzeithäuser an und führt ihre Traufkante und die Straßenflucht mit seiner tektonischen Gliederung aus schmalen Fenstern fort. Nicht nur die Höhenkomposition und Maßstäblichkeit, auch die Materialität stellt eine Referenz an die von roten Ziegeln geprägte umliegende Bebauung dar.
„Der Neubau vermittelt in seiner Kubatur beide Bautypologien und prägt gleichzeitig eine eigenständige Bildhaftigkeit aus, die wesentlich durch die dem Platz zugewandte ‚öffentliche‘ Nutzung in Form von Arbeitsplätzen und Seminarräumen gewonnen wird.“, sagt Entwurfsverfasser Johannes Kister.
Scharnier zum Campus
Die Setzung des Neubaus lässt einen Platz entstehen, der die offene Struktur der Hochschule vermittelt und als Scharnier zum Campus dient. Als Überleitung vom Straßen- zum Platzraum ist der höhere und riegelförmige Hauptbaukörper mit seinem Sockel aus Beton von der Straßenflucht zurückversetzt und bildet gleichzeitig einen Vorsprung in Richtung des Platzes aus. Panoramafenster im Erdgeschoss ermöglichen Blickbeziehungen in den öffentlichen Raum.
Haptische Ziegelfassade
Während sich das Erdgeschoss mit seiner hellen Betonfassade mit seinen Panoramafenstern stark zum Platz hin orientiert, erhebt sich darüber die tektonische, feingliedrige Fassade aus einem kräftig-roten Ziegel im Dünnformat als Referenz zu den umliegenden Altbauten mit Ziegelfassaden. Details wie die Ziegelbrüstung und die roten Verfugungen zielen darauf ab, die Potenziale des Ziegels auszuspielen und erzeugen eine besondere Plastizität.
Der dänische Ziegel hat eine besondere Haptik und bringt gleichzeitig eine höhere Wasseraufnahmefähigkeit mit sich, weshalb für seine Verwendung bestimmte konstruktive Lösungen gefunden mussten und eingeplant werden muss, dass der Ziegel auf intensiven Regen reagiert, bis er wieder abtrocknet. Als Ausschnitt in der Fassade zeichnet sich außerdem die Loggia im 4.OG ab, die den Studierenden als Außenraum von den Seminarräumen aus zugänglich ist.
Raumprogramm
Betreten wird das Gebäude über den platzseitigen Haupteingang und das großzügige Foyer. Die Decke ist durch ein Raster aus Betonbalken gestaltet, dessen Kassetten mit akustisch wirksamen Holztafeln verkleidet sind. Blickfang ist sofort die skulpturale auberginefarbene Bogentreppe, die eine offene und kommunikative Erschließung über alle Geschosse ermöglicht. Die Böden aus grün marmoriertem Linoleum kontrastieren mit den weißen Wandflächen und solchen aus Sichtbeton.
Westlich schließt der Hörsaal an, der 250 Plätze bietet. Er wird von oben erschlossen und schiebt sich mit seinem Gefälle in den Hof und bis ins Untergeschoss. Seine Wände und Böden sind mit Holz verkleidet, die Stühle leuchten in verschiedenen Rottönen. Das Erdgeschoss nimmt außerdem in Richtung Süden Seminarräume auf, die sich ebenfalls bis in den Hof schieben, und bietet einen Lernraum sowie einen Eltern-Kind-Raum.
Die Obergeschosse sind einheitlich aufgeteilt: Kleinere Büroräume für Mitarbeitende reihen sich entlang der Südfassade, ein Besprechungsraum ist in der Nordwest-Ecke zum Campus orientiert. Angegliedert sind jeweils Teeküchen, die in ihrer Gestaltung und Farbigkeit Akzente setzen. Die Seminarräume nehmen den Vorsprung in Richtung Platz ein. Die Seminarräume und studentischen Arbeitsräume sind dabei auf jeder Etage den Instituten zugeordnet, aber gleichzeitig getrennt nutzbar.