Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM
„Mehr Platz für Innovationen und Kreativität“ – so bringt Professor Karsten Buse, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg, die Vorteile des Institutsneubaus auf den Punkt. Durch den Neubau auf dem Campus am Flughafen bekommt das IPM deutlich mehr Flächen für Forschung und Entwicklung, Arbeitsplätze und Kooperationen. Die komplexe Bauaufgabe erfordert eine sinnvolle Verbindung verschiedener Sonderflächen wie physikalische und chemische Speziallabore oder Technikbereiche mit modernen Bürobereichen. Dabei soll das Gebäude die innovative, zukunftsorientierte Arbeit des Instituts auch nach außen kommunizieren. Das Konzept von kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH (ksg) entspricht diesen Herausforderungen mit einem Gebäude, das ideale Voraussetzungen für verschiedene Arbeitsumfelder bietet. Innenhöfe bringen Licht in die Labore, zum Teil bis ins Untergeschoss. „So entsteht ein Wissenschaftsbaustein, der das Ökologische und das Technische zusammenbringt“, sagt Professor Johannes Kister.
Bauherr:
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.
Nutzer:
Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik
Wettbewerbsverfahren:
Beauftragung nach Vergabeverfahren
Projektteam:
Prof. Johannes Kister
Kathrin Winterhagen (Projektleiterin)
Dorothee Heidrich (Innenarchitektur)
Sandra Czubinzki-Nitz
Christian Pfeifer
Fotos:
Oliver Kern
Das Gebäude von 40 Metern Breite und 100 Metern Länge ist in drei Bauteile untergliedert, deren Räumlichkeiten jeweils um einen Innenhof gruppiert sind. Der als Kopfbau ausgebildete Bauteil A verschafft dem Institut an der Goerges-Köhler-Allee einen wirksamen und markanten städtebaulichen Auftritt. Dieser überragt die anderen beiden Bauteile um ein ganzes Geschoss. Hier finden sich im Erdgeschoss die öffentlichen Bereiche und in den Obergeschossen Büros. Dahinter schließt Bauteil B mit Büros zur Gebäudeaußenseite und Laboren zum Innenhof an. Der abschließende Bauteil C liegt an der zukünftigen Erschließungsstraße des neuen Stadions und beherbergt im Erdgeschoss die Metallwerkstatt und das Technikum sowie darüber ausschließlich Labore. Entsprechend den Nutzungen sind die Innenhöfe der Bauteile unterschiedliche tief in die Gebäudevolumen eingeschnitten. Der Hof im Bauteil A reicht bis ins Erdgeschoss, der Hof in Bauteil B dagegen bis ins Untergeschoss, um auch dort die Labore belichten zu können. Im Bauteil C beginnt der Innenhof erst über dem zweiten Obergeschoss, da sich darunter das zweigeschossige Technikum, die Metallwerkstatt und Technikflächen finden.
Insgesamt umfasst die Nutzfläche rund 6.500 m²; etwa 2.200 m² davon sind für Büros vorgesehen, die restlichen 4.300 m² entfallen auf moderne Labor-, Werkstatt- und Sondernutzflächen. Die Geschosshöhe beträgt fünf Meter brutto. Lediglich das dritte Obergeschoss, welches nur Büros aufnimmt, hat eine niedrigere Raumhöhe von ca. 3,50 Meter im Lichten. Sowohl Labore als auch Büros basieren auf einem Raster von 1,25 Meter, in dem sich Umbauten bei Bedarf leicht umsetzen lassen.
Nach außen präsentiert sich das IPM mit seinem Neubau mit starker Ästhetik: Die Fensterbänder der Außenfassaden verspringen im Übergang zwischen den Bauteilen um je ein Geschoss und betonen mit dem entstehenden Mäander die Dreigliedrigkeit des Gebäudes. In die Gestaltung des Fassadenmaterials hat die Arbeit im Inneren zeichenhaft Eingang gefunden: Die Keramikfliesen, aus der die Vorhangfassade der oberen Geschosse besteht, sind in zwei Ebenen profiliert. Diese Profilierung bildet bei unterschiedlichen Perspektiven eine dreidimensionale Wellenstruktur, welche die zentrale Arbeit des Instituts widerspiegelt.
Nachhaltigkeit
Mit Blick auf den ökologischen Fußabdruck des Neubaus wurden für alle Einsatzgebiete unterschiedliche Materialien geprüft. So erwies sich etwa für den Rohbau in Abwägung von Ökobilanz, Dämmverhalten, Raumklima, Herstellungskosten und Statik ein Tragwerk aus Stahlbeton als optimale Variante. Dass dabei auch der Lebenszyklus nach den Bauarbeiten mit einbezogen wurde, zeigen vor allem die Überlegungen zum Fassadenmaterial. Die gewählte Keramik übertrifft in ihrer Lebensdauer Alternativen wie Putz oder Anstrich um einiges: eine Keramikfassade überdauert einen Zeitraum von 90 Jahren, ohne ausgetauscht werden zu müssen. Im gleichen Zeitraum sind bei einer Putzfassade der Putz einmal und der Anstrich fünfmal zu erneuern. Zusätzlich wurde für die Keramikfliesen ein möglichst heller Farbton gewählt, um eine unnötige Aufheizung des Gebäudes und somit auch der Luftströme in die benachbarte Siedlung zu vermeiden. An einer prominenten Stelle schlagen ökologische Überlegungen die ökonomischen: Als Dämmmaterial für erdberührten Bauteile wurde Schaumglas gewählt. Die Herstellungskosten sind zwar im Vergleich zu anderen Materialien höher, dem gegenüber steht aber eine bessere Ökobilanz des Schaumglases: die Lebenserwartung ist höher und die Herstellungsenergie niedriger durch Verwendung von Altglas. Sämtliche Konzepte zur Wiederverwendung von Baumaterial werden jedoch von einem Argument überragt: Langlebige Gebäude, die auf sich ändernde Anforderungen reagieren können, müssen erst gar nicht energieaufwendig rückgebaut und nach Materialien sortiert wiederverwendet werden. Den Planungen für den Neubau für das IPM liegt dementsprechend das Konzept größtmöglicher Anpassungsfähigkeit zugrunde: das einheitliche Raster für Tragwerk, Fassade und Ausbau von 1,25 Meter ermöglicht flexible Umbauten sowohl für Büros als auch für Laborräume. Eine Aufstockung der beiden niedrigeren Bauteile wurde bei der Planung insbesondere des Tragwerks berücksichtigt. Sowohl für eine Aufstockung als auch spätere Umbauten wurden Reserven in den Technikräumen und -schächten vorgehalten. Auch die vergleichsweise hohen Geschosse von 5 Meter brutto erleichtern spätere Nachinstallationen.
Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM
Das IPM entwickelt maßgeschneiderte Messtechniken, Messsysteme und Materialien mit dem Ziel, industrielle Prozesse zu optimieren, Produktivität zu steigern, Ressourceneffizienz zu verbessern und Sicherheit zu erhöhen.
Rund 230 Mitarbeitende arbeiten hier an hochpräzisen Systemen der unterschiedlichsten Gattungen. In vier Abteilungen – Produktionskontrolle, Objekt- und Formerfassung, Gas- und Prozesstechnologie, und Funktionelle Materialien und Systeme – werden etwa Abgasmesssysteme entwickelt, die für emissionsarme und hocheffiziente Verbrennungsmotoren sorgen, Laser-Scanner, die Bahn- und Straßeninfrastruktur überwachen, oder optische Inspektionssysteme, die in
der Fertigung Defekte aufdecken und Korrekturen ermöglichen. Die Forschenden des IPM arbeiten demnach in vielen Disziplinen: Physik, Mathematik, Elektrotechnik, Maschinenbau, Geodäsie und Medizin, um nur eine Auswahl zu nennen. Dementsprechend komplex waren die Ansprüche an die Labore des Neubaus. Benötigt wurden vorwiegend physikalische, aber auch einige chemische Labore, Werkstätten und ein zweigeschossiges Technikum.