Der Neubau für die Institute der anorganischen (ACI) und der organischen Chemie (OCI) der Universität Heidelberg ersetzt einen überalterten Gebäudeteil und integriert sich in minimalistischer Formsprache in den Gesamtkomplex auf dem Neuenheimer Feld. Mit seiner reliefierten Fassade aus feinen Betonlisenen und einer großzügigen Verglasung zum Campus stärkt der Neubau den Campuscharakter im Innen- wie im Außenraum.
Projektdaten
Neubau Institutsgebäude für die Chemische Institute Heidelberg
Bauherr: Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Unibauamt Heidelberg
Nutzer: Universität Heidelberg, Organisch-Chemisches Institut
Architekt:innen: kister scheithauer gross architekten und stadtplaner
Susanne Gross (entwurfsleitende Gesellschafterin)
Team: Eric Mertens, Katharina Diedrichs, Verena Voss, Paraskevi Bareka
Bauzeit: 2019 – 2024
Fotos: Linus Reich
Auf dem Campus der Universität Heidelberg, der durch Bauwerke unterschiedlicher Epochen und Architektursprachen geprägt ist, befindet sich der Bestand der Chemischen Institute im Nordosten des Neuenheimer Feldes diagonal zum übrigen Raster. Ein langer, zweigeschossiger Gebäuderiegel mit Satteldach aus der Nachkriegszeit erhielt nach und nach auf beiden Längsseiten angrenzende Erweiterungsbauten für die Institute. Für ein veraltetes dieser Bauteile aus den 1950er Jahren wurde nun bis Oktober 2024 ein Ersatzneubau von ksg realisiert.
Der ca. 25 m breite und etwa 40 m lange Neubau erstreckt sich in Ost-West-Richtung und dockt mit seiner westlichen Kopfseite an das Riegelbauwerk an. In seiner Höhe und Länge passt er sich in den Bestand und dessen Baufluchten ein. In Richtung Osten steht er im Zusammenspiel mit zwei weiteren Universitätsgebäuden: dem Bioquant von Staab Architekten (2007) und dem Hörsaalgebäude der Chemischen Institute aus den 50er Jahren. Im Außenraum entsteht im Zusammenspiel dieser drei Bauwerke eine Platzsituation.
Der Neubau verfügt über vier Obergeschosse sowie zwei Untergeschosse. Die Haupterschließung erfolgt auf mehreren Etagen indirekt über das Bestandsgebäude. Der Verbindungsgang aus Opalglas tritt gestalterisch in den Hintergrund. Die UGs des Neubaus zeigen sich hauptsächlich eingeschossig; sie nehmen die Technikzentrale und Technikräume auf. Im Erdgeschoss und 1. OG des Neubaus befinden sich Büros für Professor:innen sowie Räume für praktische Lehrveranstaltungen. Das 2. und 3. OG dient der Forschung. An der zum Campus gerichteten Kopfseite des Gebäudes dient ein offenes, einläufiges Treppenhaus der inneren Erschließung und Kommunikation. Die Treppe und Brüstung sind in Sichtbeton ausgeführt, ihr Boden aus Terrazzo. Die Gänge sind mit einem leuchtend orangenen Kautschuk belegt. Das große Fenster zum Campus macht dies zu einem besonderen Ort und ermöglicht von außen den Blick auf die skulpturale Treppe.
Die Fassade ist in homogener Farbigkeit aus Beton gefertigt. Sie entfaltet mit ihrer über zwei Ebenen aufgebauten Struktur aus feinen Betonlisenen je nach Lichtsituation verschiedene Wirkungen. Der gesäuerte weiße Beton wirkt mit seiner offenporigen Struktur wolkig und verleiht dem minimalistischen Gebäude Eleganz. Dabei bildet die Fassade das innere Raster der Labore nach außen ab. Zwischen den Rasterfeldern befindet sich jeweils eine bodentiefe Verglasung oder, wo keine Fenster nötig sind, eine Betonausfachung. Auf der nordöstlichen Seite wird es von der großformatigen, geschossübergreifenden Verglasung gebrochen, die den Blick auf die Treppenverläufe freigibt.
Während auf den Fassadenlängsseiten der wissenschaftliche Aspekt der Forschung mit einer seriellen Fassade dargestellt wird, liegt auf der Kopfseite mit der großzügigen Verglasung die Betonung auf dem Campuscharakter, zu dem das Bauwerk einen Beitrag leistet.