Gerling-Hochhaus,
Köln

Mit dem Auszug des Gerling-Konzerns wird seit 2007 das 4,6 Hektar große innerstädtische Areal nach dem Masterplan des Kölner Büros kister scheithauer gross architekten und stadtplaner (ksg) zum innerstädtischen Wohn- und Geschäftsquartier mit 130.000 m² Bruttogeschossfläche umgewandelt und nachverdichtet. Besondere Beachtung verdient die Sanierung des Gerling Hochhauses, sozusagen die Keimzelle des gesamten Areals.

Projektdaten:
Bauherr bis September 2012: FRANKONIA Eurobau AG
seitdem: IMMOFINANZ Group
Architekten Bestand: Helmut Hentrich, Hans Heuser, 1953
Transformation: kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH, Köln/Leipzig

Auszeichnungen:
Sonderpreis des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Gerling-Hochhaus, Köln, 2016

Das erste Büro-Hochhaus in Köln wurde in der seinerzeit innovativen Stahl-Skelettbauweise errichtet. Hans Gerling beauftragte Anfang der 1950er-Jahre die Architekten Helmut Hentrich und Hans Heuser mit dem Bau eines Hochhauses und die Architekten entwarfen ein sich nach oben verjüngendes, 17-geschossiges Hochhaus in Stahlskelettbauweise, das sie mit einem Netz aus Muschelkalk umhüllten. Mit der Transformation des Quartiers mussten alle denkmalgeschützten Gebäude energetisch und statisch auf den neuesten Stand gebracht und räumlich umstrukturiert werden. Beides führte letztendlich dazu, dass das Gerling Hochhaus schließlich bis auf sein nacktes Stahlskelett komplett entkernt und wieder von Grund auf neu «befüllt» wurde. In Zusammenarbeit mit HIG Hempel Ingenieure GmbH gingen ksg an die Substanz des Gebäudes und legten die unter der historisierenden Naturstein-Rasterfassade liegende, äußerst modern und filigran geplante Stockwerksrahmenkonstruktion frei. Die denkmalgerechte Sanierung der prägnanten Fassade aus Trosselfels und Muschelkalk erforderte ein Sanierungskonzept, das nicht nur heutige Anforderungen an Wärmeschutz, Sicherheit und Technik erfüllt, sondern auch das städtebauliche Erscheinungsbild bewahrt. Die äußere Schicht der Natursteinplatten wurde um die Stärke der Dämmung (plus Brandschutzplatten plus Hinterlüftung) verschoben. Durch diesen bauphysikalisch und brandschutztechnisch bedingt stärkeren Aufbau sowie eine dickere Plattenstärke skaliert sich das Volumen der Steinelemente.

Innerhalb des Stahlskeletts konnten die Architekten die Grundrisse vergleichsweise frei anlegen und die rund 350 m² jeder Etage auf eine, zwei, drei oder auch vier Wohnungen verteilen. Jede der 51 Eigentumswohnungen verfügt, abhängig von ihrer Größe, über mindestens eine Loggia. Diese Freibereiche, auf die Gerling damals ganz bewusst verzichtet hatte, liegen, entsprechend den Vorgaben der Denkmalpflege, an den langen Gebäudeseiten in jeweils zwei Achsen übereinander und hinter der Natursteinfassade. Zwei Seiten der in diesem Bereich vollverglasten Fassade lassen sich schwellenlos und ohne Eckstütze jeweils zur Hälfte aufschieben, sodass dieser mit 6 m² knapp bemessene Außenbereich als direkte Erweiterung der Wohnräume genutzt werden kann. „Es sind zusätzliche, offene Zimmer, die gläserne Fronten erhalten, damit es in luftiger Höhe nicht zugig wird“, beschreibt Johannes Kister. Im Inneren besticht das Haus Gerling durch seine zweigeschossige Eingangshalle. Diese bleibt bestehen und ist nach dem Umbau das erste Doorman-Wohnen Kölns. Die Travertin- und Marmorböden sowie weitere Bereiche im Erdgeschoss wie die Holzvertäfelung oder die Deckenbeleuchtung konnten übrigens gesichert werden, um sie am Ende wiedereinzusetzen, so dass der ursprüngliche Charakter erhalten bleibt.

„Die Sanierung und Umnutzung des Gerling Hochhauses steht exemplarisch für die Beständigkeit stadträumlich, gestalterisch und konstruktiv guter Architektur und ist wegweisend für die sorgfältige und hochwertige Erneuerung eines Bauwerks aus den fünfziger Jahren“, urteilte die Jury des Stahlbaupreises 2016. Den Sonderpreis des Bundesministeriums für Umwelt, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) für nachhaltige Stahlarchitektur erhielt das Architekturbüro kister scheithauer gross architekten und stadtplaner für ihre gelungene Transformation des Kölner Gerling-Hochhauses. Ein Beweis dafür, dass es gelingen kann, neues Wohnen in alter Struktur zu realisieren.